Tryptophanspiegel als Indikator für kognitiven Abbau

Wissenschaftler aus Mexiko untersuchten bei 77 nicht dementen Frauen über 50 Jahre verschiedene Parameter des Tryptophanstoffwechsels sowie das Verhältnis von reduziertem Glutathion zu Gesamtglutathion. Das Ausmaß kognitiver Störungen war positiv mit dem Lebensalter und signifikant negativ mit dem Tryptophanspiegel assoziiert. Der Depressionsscore korrelierte negativ mit Tryptophan. Auch das Verhältnis GSH/GSSG korrelierte positiv mit den Tryptophanspiegeln. Die Tryptophankonzentration bzw. der Tryptophanabbau ist also stark mit der kognitiven Leistungsfähigkeit assoziiert.

Referenz:
L. A. Ramos-Chávez et al.: Low Serum Tryptophan Levels as an Indicator of Global Cognitive Performance in Nondemented Women over 50 Years of Age. Oxidative Medicine and Cellular Longevity Volume 2018, Article ID 8604718, 10 pages

Tryptophan moduliert Schmerzwahrnehmung

Zur Behandlung chronischer Schmerzen werden auch Serotonin-Wiederaufnahmehemmer eingesetzt. Schon aus diesem Grund kann man davon ausgehen, dass das serotonerge System eine bedeutende Rolle für die Schmerzwahrnehmung spielt. Britische Wissenschaftler führten bei 15 gesunden Versuchspersonen einen Tryptophandepletionstest durch und untersuchten die Reizschwelle für Schmerzen bei Hitze. Eine experimentell herbeigeführte Verminderung der Tryptophankonzentration führte zu einer Senkung der Reizschwelle für Temperaturreize. Je stärker die Tryptophankonzentration abfiel, umso niedriger lag die Schwelle für schmerzhafte Hitzereize. Dabei waren diese Effekte völlig unabhängig vom Einfluss der Tryptophandepletion auf die Stimmungslage.

Referenz:
Martin SL, Power A et al.: 5-HT modulation of pain perception in humans; Psychopharmacology (Berl). 2017 Aug 10. doi: 10.1007/s00213-017-4686-6.

Tryptophan und Risiko für zukünftigen Typ-2-Diabetes

Chinesische Wissenschaftler untersuchten bei Teilnehmern der Shanghai-Diabetes-Studie, inwieweit die Konzentration von Tryptophan mit dem späteren Auftreten von Typ-2-Diabetes zusammenhing. Patienten mit höheren Tryptophanspiegeln zeigten tendenziell ein höheres Ausmaß an Insulinresistenz, erhöhte Triglyceride und einen erhöhten Blutdruck. Die Autoren der Studie halten also Tryptophan für einen Marker, der mit dem Diabetesrisiko in der chinesischen Bevölkerung assoziiert ist.

Referenz:
Chen T et al.: Tryptophan Predicts the Risk for Future Type 2 Diabetes. PLoS One. 2016 Sep 6;11(9):e0162192.

Tryptophan und Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Die essenzielle Aminosäure Tryptophan wird für die Proteinsynthese sowie für die Bildung des Neurotransmitters Serotonin benötigt und hat auch immunregulatorische Funktionen. Ein beschleunigter Tryptophanabbau ist mit einer erhöhten Entzündungsaktivität und Immunaktivierung assoziiert. Wissenschaftler der Universität Innsbruck untersuchten bei 1196 Patienten mit KHK die Konzentrationen von Tryptophan, Neopterin und hsCRP. Es zeigte sich ein inverser Zusammenhang zwischen der Tryptophankonzentration im Serum und Neopterin. Über einen Beobachtungszeitraum von etwa 10 Jahren zeigte sich, dass niedrige Tryptophankonzentrationen bei KHK-Patienten mit einer Immunaktivierung verbunden waren und die Lebenserwartung verkürzten.

Referenz:
Murr C et al.: Low serum tryptophan predicts higher mortality in cardiovascular disease; Eur J Clin Invest. 2015 Mar;45(3):247-54.

Tryptophan bei affektiven Störungen

25 gesunde junge Erwachsene erhielten für vier Tage entweder eine Tryptophan-reiche oder eine Tryptophan-arme Ernährung. Die Untersuchung der Stimmungslage zeigte, dass sich bei Tryptophan-reicher Ernährung im Vergleich zur Tryptophan-armen Ernährung mehr positive Affekte zeigten. Eine hohe Tryptophanaufnahme führte auch zu weniger depressiven Symptomen sowie zu verminderter Ängstlichkeit.

Referenz:
Glenda Lindseth et al.: The Effects of Dietary Tryptophan on Affective Disorders; Archives of psychiatric nursing, DOI: http://dx.doi.org/10.1016/j.apnu.2014.11.008, Published Online: December 09, 2014

Tryptophan verbessert psychische Befindlichkeit

Wissenschaftler aus Großbritannien und der Schweiz untersuchten, welchen Effekt ein Tryptophan-reiches Supplement auf verschiedene neuropsychologische Parameter hatte, z.B. auf die Stimmungslage, auf die Schlafqualität und die emotionale Reaktion. Sie konnten nachweisen, dass es durch die Einnahme des Supplements zu einer insgesamt positiveren Grundstimmung kam. Die Empfänglichkeit für negative Emotionen wurde vermindert. Bei Einnahme des Supplements vor dem zu Bett gehen berichteten die Studienteilnehmer über Gefühle des Glücklichseins. Die tägliche Einnahme eines Tryptophan-haltigen Supplements scheint also günstige Effekte auf emotionale und kognitive Funktionen zu haben.

Referenz:
M.H. Mohajeri et al.: Behaviour, appetite and obesity. Chronic treatment with a tryptophan-rich protein hydrolysate improves emotional processing, mental energy levels and reaction time in middle-aged women. British Journal of Nutrition/ Volume 113/ Issue 02/ January 2015, pp350-365

Tryptophan beeinflusst Verhalten

Psychologen der Universität Leiden untersuchten in einer Studie welchen Effekt eine Tryptophansupplementierung auf das Vertrauen hatte. Dazu wurde ein Spiel durchgeführt, bei dem Versuchspersonen gebeten wurden, Geld zu verleihen, mit der ungewissen Option, zusätzliches Geld zurückzubekommen – in Abhängigkeit von der eingezahlten Summe. Die Versuchspersonen, die Tryptophan einnahmen, erwiesen sich im Vergleich zu Kontrollpersonen ohne zusätzliche Tryptophanzufuhr als deutlich vertrauensseliger und waren bereit, höhere Geldsummen zu geben.

Die Autorin der Studie äußerte sich dahingehend, dass Nahrungsmittel auch den Gemütszustand beeinflussen. Die Art der Nahrung kann deshalb auch die Art und Weise beeinflussen, wie wir in der physikalischen und sozialen Welt denken und agieren. Offensichtlich kann die Einnahme von Tryptophan das Vertrauen zwischen Menschen verbessern.

Referenz:
Medical Daily: Using Tryptophan to induce feelings of mutual trust: Amino acid helps promote feelings of well-being, happiness. 22.10.2013

Tryptophan und Gedächtnisstörungen bei Typ-1-Diabetikern

Forscher aus Pakistan untersuchten den Zusammenhang zwischen der Tryptophankonzentration im Plasma und dem Auftreten von Gedächtnisstörungen bei Typ-1-Diabetikern. In einer Fallkontrollstudie wurden 50 Männer und 50 Frauen mit Typ-1-Diabetes untersucht. Mögliche Gedächtnisstörungen wurden per Befragung ermittelt und die Tryptophankonzentration mittels HPLC bestimmt.

Bei den Typ-1-Diabetikern wurden häufig Gedächtnisstörungen nachgewiesen. Außerdem zeigten sie eine signifikante Verminderung der Tryptophankonzentration im Plasma. Die Ergebnisse der Studie lassen den Schluss zu, dass eine verminderte Tryptophanaufnahme ins Gehirn  für die Gedächtnisdefizite bei Typ-1-Diabetikern verantwortlich sind.

Referenz:
Ahmad S et al.: Role of decreased plasma tryptophan in memory deficits observed in type-1 diabetes. J Pak Med Assoc. 2013 Jan; 63(1):65-8

Melatonin und Tryptophan bei Magen- und Zwölffingerdarm-Geschwüren

Melatonin und seine Vorstufe Tryptophan haben einen Schutzeffekt gegen Schleimhautläsionen, die durch Aspirin verursacht werden, und sie können auch Magengeschwüre schneller zur Abheilung bringen. Bisher war nicht bekannt, inwieweit Melatonin und Tryptophan auch bei Helicobakter pylori von Nutzen sind. In einer polnischen Studie wurde dies untersucht. Die Patienten erhielten entweder 2 x 20 mg Omeprazol mit Placebo oder mit 2 x 5 mg Melatonin oder mit 2 x 250 mg Tryptophan. Die Zugabe von Melatonin oder Tryptophan zu Omeprazol verbesserte signifikant die Wundheilungsrate bei Magen-Zwölffingerdarm-Geschwüren durch Helicobakter pylori im Vergleich zur Alleinbehandlung mit Omeprazol.

Referenz:
Celinski K et al.: Effects of melatonin and tryptohan on healing of gastric and duodenal ulcers with Helicobacter pylori infection in humans; J Physiol Pharmacol. 2011 Oct; 62(5): 521-6

Tryptophanstoffwechsel bei Sepsis

Es ist schon länger bekannt, dass es bei Entzündungen oder Infektionen zu einem vermehrten Tryptophanabbau kommt. Australische Wissenschaftler untersuchten, inwieweit der Abbau von Tryptophan zu Kynurenie bei Sepsispatienten auf den Blutdruck Einfluss hat. Dabei zeigten sich verschiedene Erkenntnisse: Die IDO-Aktivität war bei Patienten im septischen Schock bis zu neunfach erhöht. Die IDO-Aktivität korrelierte auch eng mit dem Bedarf inotroper Medikamente. IDO wurde vermehrt in entzündetem Herzgewebe und in den Endothelzellen der Widerstandsgefäße exprimiert. Die Autoren der Studie kamen zu dem Schluss, dass die Aktivität von IDO beim septischen Schock des Menschen mit niedrigem Blutdruck korreliert.

Referenz:
Changsirivathanathamrong D et al.: Tryptophan metabolism to kynurenine is a potential novel contributor to hypotension in human sepsis; Crit Care Med. 2011 Jul 14

Tryptophanspiegel bei älteren Menschen

Bei älteren Menschen treten vermehrt neuropsychiatrische Symptome auf. Neuere Daten sprechen dafür, dass die „low grade inflammation“, die für den Alterungsprozess charakteristisch ist, hierbei eine Rolle spielt. Französische Wissenschaftler untersuchten bei 284 gesunden älteren Menschen zwei enzymatische Stoffwechselwege, die an der Biosynthese von Monoaminen beteiligt sind. Erwartungsgemäß korrelierte das Lebensalter signifikant mit den Konzentrationen von Immunmarkern und neuropsychiatrischen Symptomen.

Eine erhöhte Entzündungsbereitschaft war mit reduzierten Tryptophankonzentrationen und erhöhten Kynureninspiegeln verbunden, was auf einen verstärkten Tryptophanaubbau durch IDO hinwies. Zusätzlich ging die Entzündungsaktivität mit einem Anstieg von Neoptherin und Nitrit einher, und es kam außerdem zu einem Anstieg der Phenylalaninkonzentrationen zu Ungunsten des Tyrosins.

Ein vermehrter Tryptophanabbau war mit depressiven Symptomen assoziiert, z.B. mit verminderter Motivation, Pessimismus, sich gehen lassen. Hingegen zeigten sich Veränderungen im Tyrosinstoffwechsel hauptsächlich in neurodegenerativen Symptomen, einschließlich Schlafstörungen, Verdauungsbeschwerden, Müdigkeit und motorischen Symptomen. Es ist also davon auszugehen, dass die altersassoziierte chronische Entzündung mit Veränderungen des Monoaminmetabolismus einhergeht und dass diese Veränderungen wiederum an neuropsychiatrischen Symptomen bei älteren Menschen beteiligt sind.

Referenz:
Capuron L et al.: Chronic low-grade inflammation in elderly persons is associated with altered tryptophan and tyrosine metabolism: Role in neuropsychiatric symptoms; Biol Psychiatry 2011 Jan 28

Wirkung von Tryptophan bei entzündlichen Erkrankungen

Tryptophan ist eine essentielle Aminosäure, d.h. sie kann vom Körper nicht selbst gebildet werden und muss in jedem Fall über die Nahrung zugeführt werden. Wie die anderen Aminosäuren auch, wird Tryptophan für den Proteinaufbau benötigt. Es gibt aber auch weitere Stoffwechselwege, an denen Tryptophan beteiligt ist. Wichtig hierbei ist vor allem die Bildung des Nervenbotenstoffes Serotonin und der Coenzyme NAD/ NADH. Der Tryptophanabbau erfolgt hauptsächlich mittels zweier Enzyme, TDO (Tryptophan 2,3–Dioxygenase) und IDO (Indolamin 2,3-Dioxygenase).

Das Enzym TDO wird durch Glucokortikoide induziert, weshalb bei länger anhaltenden Stresszuständen, bei denen die Cortisolspiegel erhöht sind, auch vermehrt Tryptophan abgebaut wird. Das zweite Enzym IDO wird durch bestimmte Entzündungsmediatoren aktiviert. Die Folge ist, dass die Tryptophanspiegel während entzündlicher Prozesse abnehmen. Die Verminderung der Tryptophanverfügbarkeit ist sich eine sinnvolle Maßnahme des Stoffwechsels, um Krankheitserregern das Tryptophan für ihre Wachstumsprozesse zu entziehen. Wenn aber der Tryptophanabbau zu lange anhält, schlägt diese positive Maßnahme ins Gegenteil um: Es kommt zu einer Verminderung der Proteinsynthese und zu einer Schwächung des Immunsystems. Ein starker Tryptophanabbau ist z.B. bei Tumorerkrankungen ein ungünstiges Zeichen. Niedrige Tryptophanspiegel im Blutplasma/ Serum sind häufig auch mit Depressionen sowie Anämie assoziiert.

Referenz:

  • Maes M et al.: The new 5-HAT hypothesis of depression: Cell-mediated immune aktivation induces indoleamine 2,3-dioxygenase, which leads to lower plasma tryptophan and an increased synthesis of detrimental tryptophan catabolites (TRYCATs), both of which contribute to the onset of depression; Prog Neuropsychopharmacol Biol Psychiatry. 2010 Dec 23
  • Maximilian Ledochowski et al.: Klinische Ernährungsmedizin, Springer Wien New York, Oktober 2009